DORT WARTET SCHON MEIN FREUND
MIT DOROTEYA PETROVA (ILL.)
						BIBLIOTHEK DER PROVINZ, 2009
						32 SEITEN
					Bibliothek der Provinz
						Thalia.at
						faltershop.at
					Kinder- und Jugendbuchpreis der  Stadt Wien 2009
					Kollektion zum Österreichischen Kinder- und  Jugendbuchpreis 2010
Der Einband zeigt eine imposante Tür, vor der ein bunter Trauerkranz hängt. Davor verlassene Kinderschuhe, umgestürzt, blass. Ein Unglück ist geschehen. Über  diesen Eindruck hilft auch nicht die bunte Wohnzimmerlampe hinweg und da  hinten, im Garten ist es ja, das einsame Mädchen auf der Schaukel. Und neben ihr die andere Schaukel, leer und leblos im Wind. Auch wenn sich der Trauerkranz als geblümte Handtasche erweist und die Tür der Einsegnungshalle als gewöhnliche Haustür, in dem zarten weißen Bilderbüchlein mit den krakeligen Linien und verwaschenen Pastellfarben geht es um Tod. Hollatko und Petrova erzählen mit ihren je eigenen Mitteln, ganz  innig verbunden, eine Kindertragödie. Nein, der Freund, der schon  „dort“ wartet, ist nicht gestorben, aber er ist auch nicht mehr körperlich anwesend im „Hier“, wo die süßen, roten Kirschen im Laub  glänzen und genascht werden wollen. Die Ich-Erzählerin ist umgezogen, in ein  Niemandsland, einen durchsichtigen Ort, ohne den Freund, den einzigen, auf den  es ankommt, der die Sommersprossen zählt, die Zöpfe flicht und fliegen kann. Für Kinder ist ein Umzug manchmal nichts anderes als der Tod, das Ende von  allem Schönen, von jeder Hoffnung. Einfühlsam wird hier eine solche  Verzweiflung geschildert und die einzige Chance, ihr zu entgehen - die  Phantasie, die alles Glück in einem Moment zurückbringen kann. Künstlerisch überzeugend gestaltet in der Kontrapunktik von matten und strahlenden Farben einerseits und  grau-weiß gerahmten Gegenständen auf der anderen Seite. In der Leere dazwischen  entsteht ein vorsichtiges Lächeln, die Hände der Mutter auf den Schultern der  traurigen Tochter und eine große, bunte Eistorte. Und darüber, im Traum, der Freund. So endet die Geschichte mit einem wunderbar tröstlichen „Vielleicht doch!“
					Ines-Bianca  Vogdt, 1000 und 1 Buch 2009, Heft 2, S. 55
Zu den Bilderbuch-Texten von Lizzy Hollatko
Lizzy Hollatko hat 2005 den Dixi-Kinderliteratur-Preis gewonnen. Sehr zu Recht, wie ich meine, denn ihre Geschichten sind ausgefeilte Prosa-Gedichte, in ihrer Knappheit ganz von Rhythmus und Klang beseelt, so, dass sie jedweden Inhalt zum Tönen bringen.
						Das Archetypische ihrer Geschichten, die von Prinzessinnen, Hexen oder getrennter Freundschaft handeln, schillert in der gehaltenen Schwebe zwischen Himmel und Erde, wenn die Schaukel auf- und abschwingt unter dem Gewicht der Freunde, wenn Valentina so wie sie möchte Angst hat, wenn also Zeit und Ur-Raum eine Verbindung eingehen, die Kinder beim Zuhören fasziniert, weil sie ihnen feinstimmig zugetraut und gleichzeitig liebevoll anvertraut wird.
						Die Stärke von Lizzy Hollatko ist es, nicht nur Aktionen, Geschehen oder hohle Phantastik zu vermitteln, sondern dank ihrer Sprachmelodie einen Nerv zu berühren, den jenseits von  Wirklichkeit oder Erfindung nur die Poesie zu treffen vermag.
						Meine Arbeit mit ihr als Tutorin ist auch Affirmation meines eigenen Schreibens und bestärkt mir so die Utopien zur Qualität einer nachhaltig wirksamen Kinderliteratur, die nicht gleich hin und weg ist, nachdem sie einmal konsumiert wurde.
						Adelheid Dahimène

